New Work

‍Wertschätzung in der neuen Arbeitswelt – Interview mit New-Work-Experte Patrick Gromm

New Work ist – kurz gesagt – ein alternativer Ansatz für Arbeitsmethoden, die Mitarbeiter*innen mehr Entscheidungsmöglichkeiten, Flexibilität und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten einräumen. Patrick ist Gesellschafter, Prokurist und Anteilseigner der TAM Akademie, der ältesten Trainer-Akademie Deutschlands. Den Fokus legt die TAM Akademie auf die Ausbildung von Multiplikator*innen für das Thema New Work und moderne Führung. Einmalige Einblicke in dem Interview zw. der Gründerin Eileen und Patrick.

Eileen Liebig
Co-Founder & CEO
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Wertschätzung in der neuen Arbeitswelt – Interview mit New-Work-Experte Patrick Gromm

New Work ist – kurz gesagt – ein alternativer Ansatz für Arbeitsmethoden, die Mitarbeiter*innen mehr Entscheidungsmöglichkeiten, Flexibilität und persönliche Entwicklungsmöglichkeiten einräumen. Diesen Gedanken fand ich so spannend, dass ich ihn sofort für clap umsetzen wollte. Tatsächlich hätte ich mir gewünscht, dass ich schon vor meiner ersten Gründung mit MIAS DIAS Event GmbH & Co. KG das New-Work-Konzept kennengelernt hätte. Daher habe ich den New-Work-Profi Patrick Gromm um ein Experteninterview über die neue Art des Arbeitens gebeten.

Patrick ist Gesellschafter, Prokurist und Anteilseigner der TAM Akademie, der ältesten Trainer-Akademie Deutschlands. Den Fokus legt die TAM Akademie auf die Ausbildung von Multiplikator*innen für das Thema New Work und moderne Führung.

Dieses Interview ist erstmalig in meinem Buch „Gründen macht glücklich! Beruflich und privat“ erschienen.

Eileen: Der Begriff New Work schwirrt vermehrt durch die digitale Welt. Was bedeutet New Work genau?

Patrick: Darauf gibt es ganz unterschiedliche Antworten. Als Grundidee ist erstmal wichtig, dass New Work mehr ist als nur die Artefakte und die Symboliken der heutigen Arbeitswelt, die damit assoziiert werden. Dahinter steht eigentlich eine soziale Utopie, die viel tiefergehend ist und fast schon mit einer gesellschaftlichen Revolution einhergehen muss. Das zu hören tut Arbeitgeber*innen erstmal weh, weil man nicht einfach in zwei Jahren zum New-Work-Unternehmen werden kann. Man kann aber immer wieder den Status quo hinterfragen und in verschiedenen Dimensionen überlegen, was man als Unternehmen leisten kann und möchte, um ein Stück mehr in eine Richtung dieser Utopie zu gehen.

Die Grundlage ist dabei der Dreiklang zwischen Arbeit, Selbstverwirklichung und dem nachhaltigen und sinnvollen Konsum. So hat Frithjof Bergmann dieses Konstrukt aufgestellt. Bei der aktuellen Verwendung des Begriffs „New Work“ sind wir aber mittlerweile weit davon abgerückt. Heute wird alles mit New Work assoziiert, was nicht mehr so ist, wie man sich Arbeiten 1990 vorgestellt hat. Hier sollte man vorsichtig differenzieren, was wirklich New Work ist oder was einfach nur fancy Arbeitgeber- oder Employer-Branding-Tools sind.

Eileen: Würde es beispielsweise unter den Begriff New Work fallen, wenn ich meinen Mitarbeiter*innen die Wahl lasse, ob sie im Büro oder remote im Homeoffice arbeiten?

Patrick: Das geht in die Richtung New Work. Aber deswegen würde ich mir als Arbeitgeber niemals attribuieren, dass ich eine New-Work-Company bin. New Work hat mehrere Dimensionen. Dazu hat Markus Väth dazu fünf Dimensionen aufgemacht: Freiheit, Selbstverantwortung, Sinnstiftung, Eigenentwicklung und soziale Verantwortung. Jetzt könnte ich überlegen, auf welche Dimensionen die freie Arbeitsplatzwahl fällt. Das wäre auf jeden Fall ein Stück weit Freiheit und ein Stück weit Selbstverantwortung.

Jetzt kommt aber der spannende Punkt dazu: Wenn ich nicht das Führungsverständnis und die Unternehmenskultur habe, die hybrides oder remote Arbeiten braucht, sondern eher auf „Command and Control“ setze, dann zahlt das nicht mehr auf den Punkt Freiheit ein. Kontrolliere ich die Arbeitszeit meiner Mitarbeiter*innen auch remote, dann habe ich mich nicht in Richtung New Work entwickelt, sondern nur ein Artefakt etabliert.

Dazu gehören auch dahinterliegende Attribute oder Eigenschaften, zum Beispiel Vertrauen. Wenn ich meinen Mitarbeiter*innen und mir selbst nicht vertraue, wenn ich keine vertrauensvolle Kultur in dem Unternehmen etabliere, dann kann ich noch so wirkungsvolle Tools etablieren. Das bleiben dann immer nur irgendwelche fancy Tools. Aber ich werde mich niemals Richtung wirklich gefühltes und gelebtes New Work entwickeln.

Eileen: Du sagtest, eine Dimension von New Work ist die soziale Verantwortung. Unsere Boxen werden recyclebar hergestellt und vertrieben und auch grün versendet. Zudem pflanzen wir für jede Box einen Baum und unsere Produkte stammen von Herstellern, die unsere Auffassung von sozialem Engagement und Umweltbewusstsein teilen. Dieser Fokus auf Nachhaltigkeit spielt dann auch in diese Dimension mit ein, oder?

Patrick: Das ist auf jeden Fall nachhaltig und geht in eine richtig coole Richtung. Damit bedienst du auch den Punkt der sozialen Verantwortung mit. Ich glaube aber, du wirst niemals dein Unternehmen so aufgestellt haben, dass alles fertig ist. New Work ist ein ständiger Prozess. Einer der Grundgedanken der TAM Akademie ist: New Work is never over. Das ist vielleicht nicht gerade ermutigend – oder gerade deswegen. Denn ich finde das Schöne daran, dass es auch immer wieder zum Hinterfragen ermutigt und man den Status quo stetig weiter verbessern, verändern und Neues ausprobieren kann.

Start-ups nutzen oft das Motto „Build, measure, learn“, also „Aufbauen, messen, lernen“. Man probiert also etwas aus, misst dann die Ergebnisse und lernt daraus entsprechend. Anschließend kann man wieder neue Maßnahmen etablieren. Die Idee, Bäume zu pflanzen, geht bereits in die richtige Richtung. Aber es kann auch sein, dass es vielleicht noch etwas Wirksameres gibt oder noch mehr, das ihr machen könnt. Das habt ihr jetzt vielleicht noch nicht auf dem Schirm oder ihr werdet es erst nächstes Jahr entdecken, wenn euer Team noch weiterwächst oder das Unternehmen expandiert.

Das Besondere bei New Work ist, dass im Idealfall auch Mitarbeiter*innen die Möglichkeit haben, das aktuelle System zu hinterfragen und selbst einen eigenen Anteil dazu beizusteuern. Wenn ich eine Kultur etabliere, die ermöglicht, dass Mitarbeiter*innen sich selbst aktiv einbringen können, dann schaffe ich es wirklich, auch den Punkt Selbstverwirklichung mit ins Spiel zu bringen.

Eileen: Wie wichtig ist denn die Selbstverwirklichung beim New-Work-Konzept?

Patrick: Ich würde sie extrem in den Fokus rücken, weil ich selbst weiß, wie viel das mit einem macht, wenn man echte Selbstverwirklichung bei der Arbeit ausleben darf.

Sobald du eine Idee für eine Gründung hast, mit einem wirklichen Purpose und mit der wirklichen Idee der Selbstverwirklichung, dann würde ich immer sagen: „Probier es aus – und zwar so schnell und so gut es mit der nötigen Vorbereitung geht!“ Selbstverwirklichung ist eine Mischung aus dem, was ich gerne mache, wofür ich bekannt bin und wofür ich bezahlt werden kann. Damit lässt sich dann die Frage beantworten: „Wofür möchte ich jeden Tag aufstehen?“ Wenn man das weiß, dann sollte man das machen. Das Leben ist zum Leben da. Im Idealfall ist man der Überzeugung, dass die Arbeit ein Medium ist, durch das man sich selbst und das Leben besser kennenlernen darf. Wenn man die Möglichkeit hat, so etwas Eigenes zu schaffen – dann bitte sofort!

Ich habe sieben Jahre bei Daimler gearbeitet und da war meine Selbstverwirklichung auf einer 1,5 von 10. Das habe ich irgendwann als richtigen Schmerz empfunden und mich eingeengt gefühlt. Ich musste meine Persönlichkeit sozusagen auf dem Mitarbeiter-Parkplatz abgeben und durfte sie wieder annehmen, sobald die Arbeit beendet war. Ich sollte mich da nicht einbringen, sondern einfach nur alle Prozesse erfüllen. Auch wenn ich kein schlechter Mitarbeiter war, war ich doch lange nicht so performant und so wirksam, wie ich jetzt in einem Konstrukt bin, wo ich das Gefühl habe, dass das mein eigenes ist.

Eileen: Das ist interessant, dass du das sagst. Das Gefühl habe ich bei meiner Teamleitung. Sie hat das Unternehmen zu ihrem gemacht. Mein neuer Marketingleiter, der eigentlich Freelancer ist, denkt auch, er hat jetzt die Firma. Das finde ich ziemlich cool! Ich möchte, dass sie sich entfalten und neue gute Ideen einbringen. Dahingegen mag ich Fragen wie „Wie willst du das haben?“ gar nicht. Wie bekomme ich die Mitarbeiter*innen von dem Gedanken weg, dass sie die Arbeit nur für mich machen?

Patrick: Da gibt es eine ganz einfache Gegenfrage, die ich jedem meiner Mitarbeiter*innen stelle: „Wie würdest du es machen, wenn es dein Unternehmen wäre?“ Damit triggert man ein Entrepreneur-Denken. Die Leute überlegen, wie sie wirtschaftlich, persönlich und auch ethisch entscheiden würden, wenn sie sich vorstellen, es wäre ihr Unternehmen. Mit einer systematischen Förderung kannst du dieses unternehmerische Denken auch bei Menschen erreichen, die keine führenden Positionen innehaben.

Eileen: Muss ich dazu noch mehr machen oder reicht es, wenn ich immer diese Frage stelle, wie sie in ihrem eigenen Unternehmen entscheiden würden?

Patrick: Es gibt noch ganz viel, was du machen kannst, solltest und musst. Aber das ist auf jeden Fall der einfachste und am schnellsten umzusetzende Trick. Ein weiteres sehr gutes Mittel zu mehr Selbstbestimmung bei den Mitarbeiter*innen ist das Subsidiaritätsprinzip. Das besagt, dass Entscheidungen immer auf der niedrigst möglichen Eskalationsstufe getroffen werden sollten. Natürlich ist meine Aufgabe als Gründer*in auch, Entscheidungen zu treffen. Aber meine wichtigste Aufgabe ist zu entscheiden, was die niedrigst mögliche Stufe ist, auf der sie getroffen werden kann. Auf dieser muss sie dann auch getroffen werden. Wenn man sich dessen bewusst ist, dann erreicht man sehr systematisch, dass Entscheidungen so weit nach unten skaliert werden wie irgendwie möglich. Auf der einen Seite habe ich den Vorteil, dass das mich als Führungskraft obsolet macht und ich kann mich mit anderen Dingen beschäftigen. Auf der anderen Seite erreiche ich einen Besitztumseffekt meiner Mitarbeiter*innen für das Produkt, für das Unternehmen und für den Erfolg des Unternehmens. Ich liebe das einfach, wenn ich sehe, dass Menschen in ihrer Arbeit aufgehen und wirklich Besitztumseffekte ergreifen.

Eileen: Welche weiteren Vorteile dieses neuen Arbeitens können bereits Gründer*innen für sich nutzen?

Patrick: Ganz wichtig ist es bereits in der Gründungsphase, Werte für das Unternehmen zu definieren und ein Vision Framework aufzubauen. Wir haben das zum Beispiel nach dem Vision Framework von Collins gemacht, womit wir unseren Weg definiert haben. Dazu wird zunächst ein Purpose definiert. Also: Wie tun wir das, was wir tun? Darunter werden dann Unternehmenswerte definiert. Wenn ich dieses Konstrukt erstmal habe und die impliziten Werte explizit gemacht habe, dann kann ich das auch an mein Team explizit machen. Die Werte helfen dabei, das richtige Personal zu suchen, einzustellen, zu führen und auch Mitarbeiter- und Feedbackgespräche zu führen.

Eileen: Die Unternehmenswerte helfen bei der Personalsuche. Das verstehe ich, weil die Werte übereinstimmen müssen. Auf welche Punkte sollte man noch achten, wenn man als Gründer*in nach den passenden Mitarbeiter*innen sucht?

Patrick: Ich empfehle, sich Komplementäre einzustellen. Das sind Leute, die gegensätzlich zu einem selbst sind, die einen gut ergänzen. Das sind aber nicht diejenigen, mit denen man gern saufen geht. Denn wenn ich Menschen einstelle, die genau so sind wie ich, habe ich am Ende einen Klon von mir selbst im Team, der dieselben Stärken und Potentiale mitbringt.

Ein Unternehmen, gerade wenn ich das selbst gründe, sollte etwas sein, das mir Energie gibt und mit dem ich gern Zeit verbringe, weil ich Dinge machen kann, die ich gern tue. Für Dinge, die ich nicht gern mache, stelle ich entsprechend Menschen ein, die daran Freude haben und somit auch gut darin sind. Diese Leute muss man schnellstmöglich finden, um wirklich frei zu sein.

Wenn man das geschafft hat, freut mich sich am Sonntag schon auf Montag. Es gibt kaum etwas Schöneres, als Mitarbeiter*innen auf dem Weg zur Arbeit im Fahrstuhl zu treffen, die schon das Funkeln in den Augen haben, weil die Arbeit gleich losgeht. Das ist für mich das schönste Feedback.

Eileen: Welche Vorbereitungen können Gründer*innen treffen, um ein solches Arbeitsklima zu schaffen?

Patrick: Man sollte sich bewusst sein, dass Fehler passieren werden, von einem selbst und auch von anderen. Es ist immens erleichternd, das schon im Voraus zu wissen und nicht von jedem Fehler überrascht zu sein. Stattdessen sollte man sich an diesen Gedanken gewöhnen und darauf vorbereitet sein, auch Freude daran zu haben, entweder selbst Fehler zu beheben oder auch Menschen dabei zu helfen, Probleme zu beseitigen. Wenn man daran Freude hat und auch weiß, dass das passieren wird, hat man eine gute Resilienz, um diesem ganzen Struggle zu begegnen.

Eileen: Das hast du gut gesagt. Aus diesem Grund habe ich 5 Gründer*innen gebeten, für mein Buch „Gründen macht glücklich! Beruflich und privat“ ihre Fuck-up-Story zu erzählen. Fehler passieren. Wichtig ist, wie man mit ihnen umgeht.

Patrick: Ja, das ist auf jeden Fall sehr wichtig, weil man daraus echt viel lernen kann. Wenn ich ein eigenes Unternehmen gründen würde, dann würde ich sofort eine offene Fehlerkultur etablieren. Das Schlimmste, was passieren kann, ist, dass man denkt, dass alles super läuft. Alle halten ihre Arbeitszeit ein, alle KPIs stehen auf Grün. Aber am Ende ist es nicht wahr. Wenn ich es selbst nicht schaffe, eine offene Fehlerkultur hinzubekommen, dann übersehe ich Sachen. Wenn ich mir aber eine Vertrauenskultur und eine offene Fehlerkultur aufbaue, dann kann ich mich auch weiterentwickeln. Das kostet Energie und Zeit und ich muss einen Umweg nehmen. Aber dann kann ich auch kleine Fehler schon früh sichtbar machen und daraus lernen.

Eileen: Wie wichtig schätzt du dabei das Bauchgefühl ein?

Patrick: Sehr wichtig. Oftmals ist ein Grund für die Gründung, dass man zuvor im Angestelltenverhältnis eine schlechte Führung oder eine miese Unternehmenskultur erlebt hat und das selbst besser machen möchte. Man hat als Mensch ein Gefühl dafür, was sich gut anfühlt und was richtig ist. Man muss sich aber auch trauen, das auszuleben. In der TAM Akademie treffen wir nie wieder eine Entscheidung, wenn wir kein gutes Bauchgefühl haben. Das gibt es nicht aus Spaß. Der Bauch ist nicht umsonst so ein starkes Organ. Das hat uns im Laufe der letzten fünf Jahre oft bestätigt und so hätten wir es schon viel früher machen müssen. Das lernt man übrigens auch in keinem BWL-Studium: Hört auf euer Bauchgefühl und trefft Entscheidungen, die sich für euch richtig anfühlen. Aber wenn man es schafft, das zu systematisieren und zu reflektieren, dann ist man dem Punkt der Selbstverwirklichung ein ganz großes Stück nähergekommen.

Eileen: Bisher haben wir viel darüber gesprochen, welche Vorteile New Work für ein Team haben kann. Aber lohnt sich das auch schon für Gründer*innen, die nur sehr wenige Mitarbeiter*innen haben?

Patrick: Hier möchte ich daran erinnern, dass man mit New Work ohnehin nie fertig ist. Deswegen ist es am besten, direkt am Anfang damit zu starten, Sachen auszuprobieren und zu schauen, wie es funktioniert. Ein erster Schritt kann sein, mit den Menschen zu sprechen und zuzuhören. Du kannst als Gründer*in eh nicht alles richtig machen. Wenn du es aber schaffst, Gespräche zu führen und wirklich zu verstehen, was den Menschen wichtig ist, dann wirst du auch gute Entscheidungen zusammen mit den Menschen treffen.

Gerade am Anfang kann ein Framework „How to work with me?” unglaublich helfen. Das ist im Grunde ein Fragebogen, den jedes Teammitglied ausfüllen kann. Darin können Fragen vorkommen wie:

Wie arbeitest du gerne?
Was sind deine Lieblingsarbeitszeiten?
Wie willst du behandelt werden?
Darf ich dir im Urlaub schreiben?
Was sind deine Hobbies?
Was hast du für eine Familie?
Wann hast du Geburtstag?
Worüber kannst du lachen?

Das sind alles nur Beispiele. Aber mit so einem Framework kann man die Personality und auch Gemeinsamkeiten aufdecken. Es ermöglicht Zugang zu den echten Menschen, sodass sie dir vertrauen können. Dadurch entsteht eine ganz andere Stabilität in der Beziehung, um dann auch Krisen zu bewältigen.

Die Frage „Worüber kannst du lachen?“ mag ich besonders. Wenn man weiß, worüber andere Leute lachen, kann man auch versuchen, das in die Arbeit zu integrieren. Dann lässt sich ein Umfeld schaffen, wo man Spaß beim Arbeiten hat. Ich brauche dann niemanden mehr zu erklären, wie ein Job funktioniert. Das macht die Person dann super aus eigenem Antrieb.

Außerdem sollte man von Anfang an eine Feedback-Kultur etablieren. Das kostet auch nichts, außer vielleicht eine Viertelstunde Zeit pro Woche oder im Monat. Dieses Feedback kann auch eine ganz einfache Struktur haben. Das einfachste Feedback, was ich zum Beispiel kenne, ist das moderne Continuum-Feedback. Es besteht aus drei schlichten Fragen:

Was könnte die Person mehr machen?
Was könnte die Person weniger machen?
Was sollte diese Person genauso beibehalten, um zum Erfolg der Person selbst und des Unternehmens beizutragen?

Diese drei Fragen sind so mächtig, weil man damit auch eine immense Vertrauenskultur schafft und gleichzeitig einen Abgleich und ein Aufdecken von Potenzialen und Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen ermöglicht.

Einen dritten Punkt, den man von Anfang an umsetzen kann, ist sich selbst stets als Mensch zu geben und auch den anderen zu erlauben, Mensch zu sein. Ich glaube, es ist cool, bei der Arbeit zu heulen und das auszuleben, wonach einem wirklich ist. Ganz viele Gründer*innen denken: „Jetzt muss ich aber seriös sein, jetzt ist es ja ein richtiges Unternehmen“. Stattdessen sage ich: „Macht doch einfach, wie ihr wollt, weil es euer Unternehmen ist. Seid einfach bitte so, wie ihr seid – dann zieht ihr auch Leute an, die das mögen.“ Wenn Menschen das Gefühl haben, dass alle bei der Arbeit sie selbst sein dürfen, dann geht es allen besser.

Eileen: Kann man bei der Einführung dieser neuen Arbeitsweise etwas falsch machen?

Patrick: Dazu fällt mir ein schöner Kalenderspruch ein: Lieber unperfekt starten, als perfekt zu zögern. Eigentlich kann man nichts falsch machen, wenn man es mit einer guten Intention und mit einem guten Purpose angeht. Im Zweifelsfalle helfen die Menschen selbst. Dein Team wird dir dabei helfen, etwas auf die Beine zu bringen, da sie das intrinsische Bedürfnis danach haben, erfolgreich zu sein. Wenn sie merken, dass etwas schiefläuft und der oder die Gründer*in überfordert ist, werden sie unterstützen – wenn sie das Gefühl haben, auch nicht perfekt sein zu müssen.

Es gibt eine Säule von New Work, die am meisten vernachlässigt ist: das smarte Konsumverhalten. Das ist auch eine Art Hamsterrad: Wenn ich zu viel konsumiere, was ich nicht wirklich brauche und was mir nicht guttut, dann muss ich auch mehr verdienen, als ich eigentlich bräuchte. Wenn ich mehr verdienen muss, als ich eigentlich bräuchte, steigen die Chancen, dass ich eine Arbeit mache, die ich nicht gern mache. Wenn ich es schaffe, smart zu konsumieren, dann kann ich mir zu Beginn der Gründung die Freiheit nehmen, nicht zu sehr auf den Geldeingang achten zu müssen. Oder ich kann mir die Freiheit nehmen, überhaupt zu gründen und mal ein, zwei Jahre lang weniger zu verdienen, als ich vorher in meinem Hamsterrad-Job verdient habe.

Eileen: Hast du noch weitere Tipps für Gründer*innen, die noch nie Führungskraft waren und es direkt mit New Work probieren wollen?

Patrick: Ein wichtiger Slogan ist „Mitarbeiter*innen first“. Bevor ich mich um irgendeine*n Kund*in oder irgendein großes Projekt kümmere, würde ich mich immer erst darum kümmern, was meine Mitarbeiter*innen gerade gern machen und wie ich dem gerecht werden kann. Meine Grundüberzeugung ist, dass man automatisch erfolgreich wird, wenn man die Mitarbeiter*innen an erster Stelle stellt.

Ein weiterer wichtiger Slogan ist „Offenheit schafft Offenheit“. Wenn ich als Gründer*in Offenheit vorlebe, dann werden auch die Menschen offen zu mir sein. Dazu sollte ich mir regelmäßig Fragen stellen wie „Wovor habe ich Angst?“ oder „Worauf freue ich mich am meisten?“. Wenn ich damit offen und ehrlich umgehe, werde ich das von meinem Team und auch von meinen Kund*innen zurückbekommen.

Sofern es wirtschaftlich möglich ist, würde ich möglichst früh eine Person einstellen, die HR-Aufgaben übernimmt. Dieser Begriff ist eigentlich veraltet, „People-Management“ passt besser. In diesen Aufgabenbereich fällt neben dem Recruiting auch das Onboarding und die Entwicklung der Mitarbeiter*innen. Das ist deswegen schon früh wichtig, weil man mit dem richtigen Einstellungs- und Einarbeitungsverfahren auch die richtigen Menschen ins Team holt, die mit ihrem Job glücklich sein können. Entsprechend wird die Fluktuation gering sein und man muss nicht ständig einen neuen Bewerbungsprozess starten.

Eileen: Das ist ein wichtiger Punkt. Ich denke jedoch, dass sich nicht alle Gründer*innen diese Stelle zu Beginn leisten können. Dann empfehle ich eine gute Zwischenlösung: einen HR-Coach. So mache ich es heute noch. Immer wenn ich Gesprächsbedarf habe, buche ich mir einen Termin bei meiner HR-Coachin und dann zoomen wir oder treffen uns auf einen Kaffee. Oftmals ist auch meine Teamleitung Toni dabei, weil sie einen besseren Einblick ins Tagesgeschäft hat. Die Coachin bereitet uns dann zum Beispiel auf anstehende Gespräche vor oder gibt uns Impulse, wie wir die Mitarbeiterentwicklung vorantreiben können. Besonders wertvoll an dieser Konstellation finde ich, dass wir damit auch einen Blick von außen auf die Firma bekommen.

Patrick: Ja, so eine externe Supervision hilft ungemein und ist in allen Lagen empfehlenswert. Das können auch andere Gründer*innen oder Vertrauenspersonen sein. Gründung und Führung geht auch an die Psyche. Dadurch lernt man sich selbst besser kennen. Das tut aber auch manchmal richtig weh, weil man automatisch an Grenzen kommen wird. Dann ist es wichtig, dass man sich mit Leuten austauschen kann, die einen Blick von außen mitbringen. So kommt auch wieder neuer Input ins Unternehmen.

Eileen: Richtig, Hilfe von außen ist so wertvoll! Man muss und kann auch nicht alles können.

Patrick: Ja, aber oft reicht das Geld am Anfang noch nicht, um sich zum Beispiel einen eigenen Coach anzustellen. Dann sind Freelancer eine wirtschaftlich überschaubare Lösung.

Eileen: Ich sehe, wir sind uns einig. Hast du noch ein paar abschließende Worte für mich?

Patrick: Es gibt so viele Menschen da draußen, die richtig geile Ideen haben, die sie sich aber nicht trauen, umzusetzen – aus irgendwelchen Ängsten, vielleicht sogar Glaubenssätzen. Deswegen nochmal der Appell: Lieber unvollkommen anfangen, als perfekt zu zögern. Ich glaube, das ist das Allerwichtigste. Man soll einfach ausprobieren, vielleicht auch mal auf die Fresse fliegen. Es gibt so viele coole Gründer-Storys, die es erst beim sechsten oder siebten Anlauf geschafft haben.

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